Generation Y – ein Mythos?

Artikel
von Dr. Alexander Myhsok


In den letzten Monaten sind einige Artikel erschienen (z. B. managerSeminare Nr. 206 vom Mai 2015), die behaupten: „Es gibt keine Generation Y“. Wir als dialogos team beschäftigen uns mit der Generation Y seit mehr als drei Jahren intensiv (vgl. www.dialogos-team.de/) und wollen uns deshalb mit dieser These hier auseinandersetzen:

Die Haupteinwände gegen die Existenz einer Generation Y beruhen auf Beobachtungen von Personalexperten von Unternehmen (vor allem solchen, die für Einstellungen zuständig sind) und auf einigen wissenschaftlichen Studien im Managementbereich. Sie lauten insbesondere: Den jungen Befragten ist die Balance zwischen Beruf und Freizeit nicht wichtiger als anderen Altersgruppen; sie sind keine Generation von unzufriedenen Sinnsuchern und/oder Jobhoppern. Zentrales Fazit aus dieser Sicht: Generation Y und Generation X unterscheiden sich fast nicht. Bei den Unterschieden handelt es sich nicht um Generationeneffekte, sondern um Alterseffekte und um allgemeine Entwicklungen der Zeit. Zusammengefasst: Generationenraster sind überholt, es gibt keine Alterskohorte mehr.

Unsere Stellungnahme dazu: „Kohorte“ meint soziologisch: Eine Generation ist von bestimmten Faktoren generell beeinflusst. Bei der Generation Y werden immer wieder genannt: Medienaffinität; hoher Grad an erlebter Mitbestimmung in der Familie und wenig Hierarchieerfahrung; aufgewachsen oft ohne persönliche Noterfahrung, jedoch mit der Erfahrung von Ungewissheiten in der Lebensplanung (vgl. systematischer Überblick in dem 2014 erschienenen Buch „Die heimlichen Revolutionäre – wie die Generation Y unsere Welt verändert“ von dem Soziologen Klaus Hurrelmann und dem Journalist Erik Albrecht).

Wie der oder die Einzelne sich konkret verhält, das ist geprägt von vielen Faktoren wie der familiären Sozialisation, dem umgebenden Berufsfeld, vom jeweiligen Land. Kohorte heißt also nicht: „So ticken alle“. Auch bei der sogenannten 68er-Generation lag der Anteil der sich typisch Verhaltenden bei ca. 15 %. Aber die ganze Gesellschaft wurde von diesem Kohortenverhalten geprägt.

Mit der Kritik stimmen wir darin überein, dass das Konzept einer Generation Y wenig nützlich ist für individuelle Einstellungsverfahren. Das Revolutionäre der Generation Y verdient es aber, wahrgenommen und berücksichtigt zu werden, wenn es um den Blick auf notwendige Veränderungen geht, Veränderungen in der Gesellschaft – z. B. der Wunsch nach beruflicher Unabhängigkeit, nach mehr Gleichberechtigung, nach Gleichgewicht zwischen Beruf und Arbeit, … – und Veränderungen der Organisationskultur – z.B. der Wunsch nach häufiger Rückmeldung, die Forderung nach mehr Mitsprache und nach einem angemessenem Führungsstil.

Für Führungskräfte in Organisationen haben wir einen Studientag entwickelt (und in der Zwischenzeit mehrfach durchgeführt), in dem wir die Situation der Generation Y aufgreifen und gemeinsam Konsequenzen für ein neues Führungsverständnis in Organisationen, für neue Formen der Mitarbeiterbindung u.a. erarbeiten.